|
Sapere aude!
(Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!)
Einstein kennt jeder. Wer aber war Kant? Das wissen nicht so viele,
dabei hatte er ein weitaus realistischeres Weltbild,
als Einstein, denn als Philosoph dachte er auch über die
Schwachpunkte des Meinungsbildungsprozesses nach und hatte deshalb eine objektivere Sicht auf die Dinge.
|
|
Kant war, wie Descartes, ein heraus ragender Denker seiner Zeit. Beide waren gleichermaßen von der
Existenz eines Äthers überzeugt und vieleicht hätten sie es gemeinsam vermocht, der Physik in dieser
Frage den richtigen Weg zu weisen.
"Hätte", "Wenn" und "Aber" helfen jetzt nicht mehr. Kant ist lange tot, "Das Kind liegt im Brunnen" und
philosophische Betrachtungen über den Meinungsbildungsprozess werden in der Physik nicht mehr
angestellt. Hier wird sich allein darauf konzentriert, mit aufwendiger Beobachtungs- und Versuchstechnik
der Natur ihre angeblich letzten Geheimnisse zu entreißen, weshalb völlig unbeachtet bleibt, dass sich
die Verhältnisse beim Meinungsbildungsprozess immer mehr umgekehrt haben.
War es vor zweihundert Jahren noch so, dass aus Beobachtungen und Versuchen Schlussfolgerungen
gezogen wurden, die fortan als Lehrmeinung galten, gibt selbige heute den Rahmen vor, innerhalb
dessen eine Beobachtung oder das Ergebnis eines Versuchs zu deuten sind.
Je weiter sich die Physik entwickelt, desto mehr wird pauschal unterstellt, dies sei ein Indikator für die
Wahrhaftigkeit der Lehrmeinung, so dass jene als eigene Meinung übernommen und vertreten wird.
Kant hatte diese Problematik erkannt und auch darauf hingewiesen, welche Gefahr sie birgt.
Faulheit, Vertrauensseligkeit oder Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen,
obwohl die Natur immer mehr von fremder Leitung frei gesprochen, dennoch gern zeitlebens geistig
unmündig bleiben.
I. Kant
Unmündig sind all diejenigen, die blind auf die Lehrmeinung vertrauen und jene als eigene Meinung
übernehmen, obwohl ganz klare Widersprüche zwischen Lehrmeinung und der Natur bestehen.
Dass
der Schritt zur Mündigkeit, außer dem, dass er
beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich gehalten
werde, dafür sorgen schon die Vormünder, die die Oberaufsicht gütigst übernommen haben. I. Kant
Die Oberaufsicht hat das Physikestablishment, welches gütigst Sorge trägt, dass seine Entourage
nicht auf die Idee kommt, sich von der Vormundschaft zu befreien.
Schädliche Vorurteile bewirken nur eine langsame Aufklärung, so dass niemals eine wahre Reform der
Denkungsart zustande kommt, wenn neue Vorurteile als Leitbande dienen. I. Kant
Schädliche Vorurteile dergestalt, dass die Natur angeblich nur so sein kann, wie bisher gedacht, und
neue Vorurteile insoweit, dass diejenigen, die Kritik an der Lehrmeinung üben, als Dummköpfe oder
Besserwisser betrachtet werden, obwohl es Grund zur Sorge gibt.
1. Wie kann es sein, dass die Wassermoleküle im Zuge der Eisbildung festere Bindungen eingehen,
obwohl sich ihre Abstände vergrößern?
2. Wie kann es sein, dass das Baryzentrum in Richtung Mond verlagert ist, wenn doch jener vermöge
seiner Fliehkraft die Erde zu sich hin ziehen sollte?
3. Wie kann es sein, dass die Sonnenoberfläche gegenüber der Korona geradezu kalt ist?
4. Wie kann es sein, dass sich das Universum immer schneller ausdehnt, wenn sich doch
seine Materie angeblich gegenseitig anzieht?
Wer Angesichts dieser immer noch offenen Fragen die Lehrmeinung über jeden Zweifel erhaben sieht,
ist entweder zu dumm oder zu faul, selbst nachzudenken und sich eine eigene Meinung zu bilden.
Sapere aude!
(C) Giordano B. 110256 Karow, Germany 2018
|